Perlen aus Mesopotamien und Ägypten in Nordeuropa, Bernstein im Mittelmeerraum – Belege eines regen Austauschs
Von Rolf Brockschmidt
Man sieht sie nicht sofort, aber ihr Fund ist eine kleine Sensation. Deutsche Archäologen fanden bei Esperstedt im Saalekreis bei Vorbereitungen für den Autobahnbau 2004 ein Frauengrab mit wertvollen Beigaben aus der Zeit von 1300 bis 1200 vor Christus. In den Bronzekopfschmuck aus Bronzeröllchen und Kupferscheiben waren zwei besondere Perlen eingeflochten, eine aus Bernstein und eine aus blauem Glas. Chemische Analysen haben ergeben, dass die Bernsteinperle von der Ostsee und die blaue Perle aus Mesopotamien stammt.
44 blaue Glasperlen, aufgezogen auf zwei Spiralringe aus Golddraht, wurden in einem Urnengrab in Humlum, Nordwestjütland gefunden. Bemerkenswert an diesem Haar- oder Ohrschmuck aus der Zeit um 1200 vor Christus ist, dass die chemische Analyse des blauen Glases eindeutig Kupferoxid als Farbstoff aus Mesopotamien nachgewiesen hat. Dass dies in der Bronzezeit kein Einzelfall war, belegen weitere blaue Glasperlen, die in einem Urnengrab in Jänkendorf in Sachsen gefunden wurden. Auch diese Perlen stammen zum Teil aus Mesopotamien.
44 blaue Glasperlen, aufgezogen auf zwei Spiralringe aus Golddraht, wurden in einem Urnengrab in Humlum, Nordwestjütland gefunden. Bemerkenswert an diesem Haar- oder Ohrschmuck aus der Zeit um 1200 vor Christus ist, dass die chemische Analyse des blauen Glases eindeutig Kupferoxid als Farbstoff aus Mesopotamien nachgewiesen hat. Dass dies in der Bronzezeit kein Einzelfall war, belegen weitere blaue Glasperlen, die in einem Urnengrab in Jänkendorf in Sachsen gefunden wurden. Auch diese Perlen stammen zum Teil aus Mesopotamien.
Eine weitere blaue Glasperle wurde im dänischen Ölby gefunden. Die chemische Analyse dieser Perle weist nach, dass die Farbe durch Kobaltoxid entstanden ist. Die Herkunft überrascht: „Die Spurenelemente, die mit dem Kobalt verbunden sind, zeigen, dass der Farbstoff aus ägyptischen Lagerstätten in den Oasen Kharga und Dakhla in der Wüste, 200 und 350 Kilometer westlich des Nils, gewonnen worden ist“, schreiben Flemming Kaul und Jeanette Varberg im Begleitband zur Ausstellung „Die Welt der Himmelsscheibe von Nebra“. Blaue Glasreste aus Amarna sowie blaue Glasperlen aus Mykene sind bewiesenermaßen ägyptische Herkunft. Die Glasperlen sind also weit gereist, von Mesopotamien und Ägypten über Mykene nach Mitteldeutschland und weiter bis nach Dänemark. Sie waren absolute Luxusgüter, aber auch leicht zu transportieren. Diese Perlen sind der Beweis dafür, dass die Menschen auch vor 4000 Jahren weit gereist sind. Zwar wird es kein Handel im großen Stil gewesen sein, aber zumindest muss ein Austausch stattgefunden haben. Vielleicht waren es auch Gastgeschenke von hochgestellten Persönlichkeiten, die Beziehungen zu anderen Kulturen aufnehmen wollten.
Interessant ist, dass im Gegenzug zu den blauen Perlen im Norden Bernsteinprodukte im Süden gefunden wurde, als habe es sich um die Gegengabe gehandelt. Dass der Kopfschmuck aus dem Grab aus Esperstedt neben der blauen Perle auch eine aus Bernstein aufwies, ist daher kein Zufall, sondern zeigt, wie diese beiden wertvollen Materialien von der jeweiligen Elite genutzt wurden.
Die spektakulärste Entdeckung machte in diesem Zusammenhang Jan-Heinrich Brunnenfeld, der in Vorbereitung der Ausstellung nach bronzezeitlichen Bernsteinfunden forschte. Walter Andrae und seine Mitarbeiter von der Deutschen Orientgesellschaft, die 1914 in Assur gruben, stießen damals auf einen zunächst unscheinbaren Fund. Sie hatten den Tempelturm von Assur ausgegraben und am Fuße dieses Turms ein sogenanntes Perlenpolster gefunden, das unmittelbar auf dem Felsen lag, eine Art Grundstein, zu dem die Elite der Stadt ihren Teil beitrug, wahrscheinlich in der Regierungszeit von Samsi-Adad I. (1808-1776 vor Christus). Unter den Perlen aus Glas und Keramik fanden die Berliner Archäologen auch zwei Bernsteinperlen, die im Vorderasiatischen Museum aufbewahrt werden. Eine Untersuchung dieser beiden unscheinbaren Perlen im Rathgen-Forschungslabor der Staatlichen Museen zu Berlin ergab jetzt, dass beide Perlen eindeutig von der Ostsee stammen. Sie sind damit die ältesten Bernsteinfunde im Vorderen Orient.
Interessant ist, dass im Gegenzug zu den blauen Perlen im Norden Bernsteinprodukte im Süden gefunden wurde, als habe es sich um die Gegengabe gehandelt. Dass der Kopfschmuck aus dem Grab aus Esperstedt neben der blauen Perle auch eine aus Bernstein aufwies, ist daher kein Zufall, sondern zeigt, wie diese beiden wertvollen Materialien von der jeweiligen Elite genutzt wurden.
Die spektakulärste Entdeckung machte in diesem Zusammenhang Jan-Heinrich Brunnenfeld, der in Vorbereitung der Ausstellung nach bronzezeitlichen Bernsteinfunden forschte. Walter Andrae und seine Mitarbeiter von der Deutschen Orientgesellschaft, die 1914 in Assur gruben, stießen damals auf einen zunächst unscheinbaren Fund. Sie hatten den Tempelturm von Assur ausgegraben und am Fuße dieses Turms ein sogenanntes Perlenpolster gefunden, das unmittelbar auf dem Felsen lag, eine Art Grundstein, zu dem die Elite der Stadt ihren Teil beitrug, wahrscheinlich in der Regierungszeit von Samsi-Adad I. (1808-1776 vor Christus). Unter den Perlen aus Glas und Keramik fanden die Berliner Archäologen auch zwei Bernsteinperlen, die im Vorderasiatischen Museum aufbewahrt werden. Eine Untersuchung dieser beiden unscheinbaren Perlen im Rathgen-Forschungslabor der Staatlichen Museen zu Berlin ergab jetzt, dass beide Perlen eindeutig von der Ostsee stammen. Sie sind damit die ältesten Bernsteinfunde im Vorderen Orient.
Exotische Perlen sind leicht zu transportieren – und sie schmücken
Alle Bernsteinfunde gehen auf herausragende Orte zurück, die den Eliten vorbehalten waren, sodass sich auch hier Argumente für die These finden, dass es sich bei Bernsteinobjekten vor allem um Gastgeschenke hoch gestellter Reisender handeln musste. Ein Handel im größeren Stil ist bisher nicht nachgewiesen. Außerdem hat sich gezeigt, dass zu Zeiten der Aunjetitzer Kultur und der Wessex-Kultur Bernsteinobjekte nur im jeweiligen Herrschaftsbereich gefunden wurden. Man hat die Verbreitung von Bernstein offensichtlich stark kontrolliert. Erst mit dem Verschwinden der Aunjetitzer Kultur tauchen Bernsteinfunde plötzlich häufiger im südlichen Europa, in Mykene und der Levante auf.
Natürlich sind die Thesen zu den bronzezeitlichen Fernreisen zum Teil noch Spekulation, aber die Verbreitung von blauen Glasperlen und Bernsteinfunden weit entfernt von ihren Ursprungsorten muss auf Reisende hindeuten. Die Welt war als schon damals globalisierter als man heute denken mag. Vielleicht ist es die grundsätzliche Neugier, die Menschen antreibt, über den nächsten Berg zu schauen, neue Handelsmöglichkeiten zu erkunden. Wie sonst soll man erklären, dass auch in Afrika im heutigen Tschad, dem damaligen Reich von Kanem Borno, Perlen vom Indischen Ozean und aus Westfarika gefunden wurden? Perlen sind leicht zu transportieren und schmücken, je exotischer, desto besser. Luxusgüter als Geschenke und Statussymbole spielten daher damals wie heute eine große Rolle.
Natürlich sind die Thesen zu den bronzezeitlichen Fernreisen zum Teil noch Spekulation, aber die Verbreitung von blauen Glasperlen und Bernsteinfunden weit entfernt von ihren Ursprungsorten muss auf Reisende hindeuten. Die Welt war als schon damals globalisierter als man heute denken mag. Vielleicht ist es die grundsätzliche Neugier, die Menschen antreibt, über den nächsten Berg zu schauen, neue Handelsmöglichkeiten zu erkunden. Wie sonst soll man erklären, dass auch in Afrika im heutigen Tschad, dem damaligen Reich von Kanem Borno, Perlen vom Indischen Ozean und aus Westfarika gefunden wurden? Perlen sind leicht zu transportieren und schmücken, je exotischer, desto besser. Luxusgüter als Geschenke und Statussymbole spielten daher damals wie heute eine große Rolle.
Fotos: Roberto Fortuna & Kira Ursem, © National Museum of Denmark; © LDA Sachsen-Anhalt, J. Lipták
Erschienen im Tagesspiegel am 04.06.2021
Erschienen im Tagesspiegel am 04.06.2021