Diversity 2020

Immer neue Sichtweisen

Warum Diversität und Internationalität in den Redaktionen den JOURNALISMUS verbessern. Ein Gastbeitrag von Peter Limbourg

Von Peter Limbourg

Diversität ist seit Langem Teil und Treiber der gesellschaftlichen Entwicklung – und das hat Konsequenzen auch für die Medien. Sie müssen diese teils hart errungenen Werte ihrer Nutzenden in ihren eigenen Strukturen abbilden. Wenn eine Redaktion in ihrer Zusammenstellung nicht die Vielfalt an geschlechtlicher Identität, ethnischer Herkunft, sexueller Orientierung, Behinderung und Weltanschauung repräsentiert, die uns umgibt, verliert sie an Glaubwürdigkeit. Und die ist das höchste Gut im Journalismus.

Durch Diversität verbessert sich die Qualität des Journalismus: Medien können durch Vielfalt in ihrer Belegschaft ihre Nutzenden besser verstehen und für sie relevante Themen besser behandeln. Redaktionen, in denen Menschen mit unterschiedlichsten Lebensläufen und Perspektiven gemeinsam arbeiten, sollten daher die Regel sein. In vielen deutschen Medien ist dies allerdings noch nicht der Fall.

Die Deutsche Welle als Auslandssender der Bundesrepublik Deutschland, der in rund 30 Sprachen an ein weltweites Publikum sendet, nimmt hier naturgemäß eine Sonderstellung ein: Diversität und Internationalität sind Teil unserer DNA. In den Sendezentren der DW in Deutschland arbeiten Menschen aus 60 Nationen miteinander, nimmt man alle weltweit in der DW vertretenen Nationen zusammen, kommt man auf 140. Unsere Erfahrungen mit einer diversen Belegschaft können daher vielleicht auch für andere (Medien-)Unternehmen hilfreich sein.
Peter Limbourg
Peter Limbourg
Wir haben einen Bereich „International Relations and Diversity“ eingerichtet und dem Thema Vielfalt eine hohe Priorität eingeräumt, um ein Arbeitsumfeld zu fördern, das frei von Vorurteilen ist. Unser Code of Conduct beschreibt die Werte, die unsere Unternehmenskultur prägen, wie unsere Verantwortung für unsere Nutzenden, die Gesellschaft und die Umwelt. Die DW fördert ein Arbeitsumfeld, das frei von Vorurteilen ist.

Wir setzen auf Chancengleichheit und Inklusion, denn die vielfältige Expertise unserer Mitarbeitenden in den Redaktionen, in der Technik, in der DW Akademie und in der Verwaltung macht uns stark.

Wir haben unsere Chefredaktion im Mai 2020 bewusst um fünf Kolleginnen und Kollegen mit vielseitigem Hintergrund erweitert: Sie steuern ihr spezifisches Wissen für die Umsetzung von wichtigen Themen bei, die für unsere Nutzenden in den verschiedenen Zielregionen relevant sind.

In der täglichen Berichterstattung vermitteln wir Informationen an ein sehr diverses Publikum auf der ganzen Welt. Das ist nicht einfach: Beim Umgang mit schwierigen Bildern oder sehr kontroversen Sachverhalten diskutieren wir immer wieder, wie wir sprachlich und visuell damit umgehen. Diese Diskussionen sind lebendig, weil viele Stimmen daran teilnehmen und unterschiedliche Perspektiven berücksichtigt werden. Die notwendige Diversität in der Ansprache von Nutzenden ist somit Bestandteil unserer journalistischen Leitlinien. Aber Diversität ist auch mit einer internationalen Belegschaft kein Selbstläufer. Management und Mitarbeitende müssen sich öffnen und bereit sein, dazuzulernen.

Für Asien, Afrika, Nahost und Lateinamerika produzieren wir spezielle Programmangebote. Der Erfolg dieser Formate beim Publikum ist unmittelbar mit der Diversität in den Redaktionen verknüpft. Durch den ständigen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen, die eine neue Sichtweise auf ein Thema einbringen, bleiben wir in Bewegung.
ANZEIGE

Audi - We live diversity
Wir arbeiten auch an der Diversität bei Kommentaren. In unseren Meinungsformaten sollen vermehrt junge Kolleginnen und Kollegen, aber auch Autoren stärker zu Wort kommen, die ein Thema durch zusätzliche regionale Expertise noch besser einordnen können.

Vor einigen Monaten haben wir den Podcast „Echt behindert“ gestartet, der von einem blinden Kollegen gemacht wird, einem von mehreren Menschen mit Behinderung in der DW, die zu unserem journalistischen Erfolg täglich beitragen. Die Themen, die im Podcast besprochen werden, haben hohe Relevanz für viele Menschen, deshalb werden wir das Format demnächst auch auf Englisch für ein noch größeres Publikum produzieren.

Es sind oft solche Initiativen unserer Mitarbeitenden, die wieder anderen in der DW zeigen, wie viel mehr wir noch machen können, damit Diversität in unserem Alltag ihren verdienten Platz findet.

— Der Autor ist Intendant der Deutschen Welle.
Fotos: Deutsche Welle
Erschienen im Tagesspiegel am 12.11.2020