Dermatologie & Aesthetik

Haut im Stress

Psoriasis, die SCHUPPENFLECHTE, schränkt den Alltag der Patienten stark ein. Was die Ursachen und Symptome sind – und wie die Krankheit therapiert werden kann

Von Julia Bernewasser

Silbrig-weiße, dicke und schuppende Hautareale, darunter eine rötlich entzündete Haut – das sind die typischen Merkmale einer Schuppenflechte. Der Fachbegriff für die chronische Haut- und Gelenkerkrankung lautet Psoriasis. Der Name stammt von dem griechischen Begriff „psora“ ab. Hintergrund der Krankheit ist eine gestörte Zellentwicklung und Entzündung. Bei einem gesunden Menschen erneuern sich die Zellen der obersten Hautschicht innerhalb von 26 bis 27 Tagen. Bei Menschen mit Schuppenflechte läuft diese Zellteilung sehr viel schneller ab – und zwar in sechs bis sieben Tagen. Da die Hautzellen dann aber noch nicht ausgereift sind, lösen sie sich nicht von der Oberfläche, sondern verkleben mit benachbarten Zellen.

Die Krankheit ist erblich bedingt. Wer die genetische Veranlagung in sich trägt, kann theoretisch eines Tages erkranken – und zwar in jedem Lebensalter. Der Zeitpunkt des Ausbruchs und der Schweregrad der Erkrankung sind nicht vorhersehbar. Schuppenflechte ist somit nicht ansteckend. Angehörige Betroffener müssen keine Angst haben, bei Berührung der entsprechenden Hautstellen ebenfalls zu erkranken. 

Im Schwimmbad oder beim Metzger stoßen Betroffene oft auf Ablehnung

In Deutschland leiden etwa zwei bis drei Millionen Menschen an einer Psoriasis. Die schlechte Nachricht: Die Schuppenflechte ist nicht heilbar und sie birgt ein großes Risiko für weitere Erkrankungen wie Stoffwechselstörungen und Diabetes. Die gute Nachricht: Sie ist mit den richtigen Medikamenten sehr gut behandelbar.

Was sind die Symptome? Schuppenflechten treten in Form von großflächigen, dicken, schuppenden Hautarealen – den sogenannten Plaques– und darunter liegenden rötlichen Entzündungsherden auf. „Betroffen sind in der Regel Ellenbogen, Knie, Pofalte und Kopf “, sagt Wolfgang Harth, Chefarzt der Klinik für Dermatologie und Allergologie am Vivantes Klinikum in Spandau. Die Krankheit verläuft in Schüben. Ein Schub kann Tage, Wochen oder auch Jahre dauern. Eine Häufung ist im Herbst und Winter festzustellen.

Neben der gängigen Form, der Psoriasis vulgaris, gibt es Sonderformen. Dazu zählt die Ganzkörperrötung, die Erythodermie. Auch kommt es vor, dass sich neben den Schuppen eitrige Pusteln bilden. Darüber hinaus gibt es Menschen, die die Krankheit nur an ganz bestimmten Körperstellen aufweisen: nur an den Händen oder Füßen, nur im Genitalbereich oder nur auf der Kopfhaut. Zehn Prozent der Erkrankten haben außerdem rheumatologische Entzündungen, betroffen sind oft die Achillessehne oder das Iliosakralgelenk.
Psoriasis tritt in Form großflächiger, dicker, schuppender Hautareale auf. Sie werden „Plaques“ genannt. Betroffen sind in der Regel Ellenbogen, Knie, Pofalte und Kopf.
Psoriasis tritt in Form großflächiger, dicker, schuppender Hautareale auf. Sie werden „Plaques“ genannt. Betroffen sind in der Regel Ellenbogen, Knie, Pofalte und Kopf.
Das äußere Erscheinungsbild führt nicht selten zu einer Stigmatisierung und Diskriminierung. „Sie müssen im Schwimmbad damit rechnen vom Bademeister angesprochen zu werden“, sagt Wolfgang Harth. „Im Fleischverkauf gibt es häufig Probleme und abwertende Kommentare, weil Kunden ihre Wurst nicht von Menschen mit schuppigen und geröteten Händen eingepackt haben wollen.“ Auch die Lebensqualität ist durch die Krankheit eingeschränkt. So müssen die Menschen mehrmals täglich ihre Haut eincremen. Das kostet Zeit. Hinzu kommt der Juckreiz als ständiger Begleiter. Wer die Haut blutig kratzt, muss mit Infektionen oder einer Vernarbung rechnen. Das alles kann wiederum zu Depressionen oder anderen psychischen Erkrankungen führen.

Was führt zum Ausbruch der Krankheit? Risikofaktoren sind Infekte und bestimmte Medikamente wie Betablocker. Sie greifen das Immunsystem an. Genauso können übermäßiger Alkoholkonsum oder Stress einen weiteren Schub begünstigen. Daneben können Begleiterkrankungen auftreten: Stoffwechselstörungen, Übergewicht oder Diabetes: „Dabei stellt sich oft die Frage: Was ist die Henne? Was ist das Ei?“, sagt Harth.

Die Diagnose sollte von einem Dermatologen gestellt werden. Mithilfe einer Gewebsuntersuchung kann sie eindeutig erfolgen. Auf den ersten Blick ist die Schuppenflechte nämlich leicht mit einer Neurodermitis, der häufigsten Hauterkrankung, zu verwechseln. Der Unterschied: Neurodermitis ist eher in den Beugen-Innenseiten zu finden und weist Bläschen und Ekzeme statt Schuppen auf.
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Zur Therapie: Die Schuppenflechte ist eine erblich bedingte Hauterkrankung und kann demnach nicht ausheilen, ihre Symptome können aber deutlich gelindert und das Hautbild verbessert werden. Bei einer lokalen Behandlung muss die Haut zunächst abgeschuppt werden. Das funktioniert mit Salben, die harnstoffhaltige Inhaltsstoffe oder Salicylsäure enthalten. Die Entzündung wird meist mit Kortisonsalben, gerne auch in Kombination mit Vitamin D Analoga oder einer Lichtbehandlung bekämpft. Licht kann in tieferen Hautschichten die Entzündung durch Lymphozyten bekämpfen, meist mit zusätzlicher Badetherapie in Krankenhäusern, Rehakliniken und Praxen.

Neben einer lokalen Behandlung kann besonders bei großflächigen Befunden eine systemische Therapie sinnvoll sein – vor allem dann, wenn neben der Haut auch Gelenke entzündet sind. „Mit den richtigen Medikamenten haben wir heute sehr gute Behandlungserfolge“, sagt Wolfgang Harth. Zu den bewährten Medikamenten zählen MTX oder auch Fumarate. Des Weiteren gibt es sogenannte Biologika, die ein Arzt dem Patienten spritzen kann. Diese gentechnischen Entzündungshemmer sind sehr teuer und werden in spezialisierten Praxen verordnet.

Um weitere Schübe zu vermeiden, sollten Erkrankte die entsprechenden Stellen nicht zu sehr belasten, zum Beispiel nicht zu lange in knieender Haltung verbringen. Infekte sollten sie schnellstmöglich behandeln, um sie nicht zu einem Auslöser für einen Schub werden zu lassen.
Foto: Getty Images
Erschienen im Tagesspiegel am 25.09.2021