Die vergangene Grippesaison ist wegen des Lockdowns quasi ausgefallen. Warum es trotzdem sinnvoll ist, sich jetzt impfen zu lassen
Von Ulrike von Leszczynski und Christiane Oelrich (dpa)
Von Anfang Oktober bis Mitte Mai, wenn es kühl ist und sich das Leben t drinnen abspielt, zirkulieren Grippeviren besonders häufig. Die vergangene Influenza-Saison ist in der Corona-Pandemie nun aber fast ausgeblieben. Was bedeutet das? Und soll man sich gleichzeitig gegen Grippe und Corona impfen lassen?
Was ist in diesem Jahr ungewöhnlich?
Die Arbeitsgemeinschaft Influenza spricht mit Blick auf Atemwegsinfekte von einem „vorher nie erreichten, niedrigen Niveau der Grippesaison“ Das lag an den Corona-Schutzmaßnahmen: Maskentragen, langer Lockdown. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO ist die Rate positiv gemeldeter Influenza-Proben zwischen September 2020 und Januar 2021 auf 0,2 Prozent gesunken, im Vergleich zu 17 Prozent zwischen 2017 und 2020.
Was bedeutet das für den Grippe-Impfstoff der anstehenden Saison?
Daten zu zirkulierenden Virus-Varianten sind Grundlage für den Grippeimpfstoff der kommenden Saison. Produktionsstart ist im Februar, um im Herbst ausreichend Impfstoff zu haben. Da die letzte Grippewelle nahezu ausgefallen ist, ist die Datenbasis zu den Erregertypen geringer. Trotzdem hat die WHO keine Zweifel an der Effektivität des aktuellen Vakzins. Wenn auch auf sehr niedrigem Niveau habe es ja Grippeviren-Aktivität gegeben. Ihre globale Aktivität wird nach WHO-Prognosen auch niedrig bleiben. Thomas Mertens, Chef der Ständigen Impfkommission, hält Sorgen über weniger Schutzwirkung ebenfalls für unbegründet.
Was ist in diesem Jahr ungewöhnlich?
Die Arbeitsgemeinschaft Influenza spricht mit Blick auf Atemwegsinfekte von einem „vorher nie erreichten, niedrigen Niveau der Grippesaison“ Das lag an den Corona-Schutzmaßnahmen: Maskentragen, langer Lockdown. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO ist die Rate positiv gemeldeter Influenza-Proben zwischen September 2020 und Januar 2021 auf 0,2 Prozent gesunken, im Vergleich zu 17 Prozent zwischen 2017 und 2020.
Was bedeutet das für den Grippe-Impfstoff der anstehenden Saison?
Daten zu zirkulierenden Virus-Varianten sind Grundlage für den Grippeimpfstoff der kommenden Saison. Produktionsstart ist im Februar, um im Herbst ausreichend Impfstoff zu haben. Da die letzte Grippewelle nahezu ausgefallen ist, ist die Datenbasis zu den Erregertypen geringer. Trotzdem hat die WHO keine Zweifel an der Effektivität des aktuellen Vakzins. Wenn auch auf sehr niedrigem Niveau habe es ja Grippeviren-Aktivität gegeben. Ihre globale Aktivität wird nach WHO-Prognosen auch niedrig bleiben. Thomas Mertens, Chef der Ständigen Impfkommission, hält Sorgen über weniger Schutzwirkung ebenfalls für unbegründet.
Für wen ist es sinnvoll, sich gegen Grippe impfen zu lassen?
Bei gesunden Kindern und Erwachsenen unter 60 verläuft eine Influenza meist ohne Komplikationen. Deshalb gibt es für sie auch keine Impfempfehlung, ihnen wird aber auch nicht davon abgeraten. Ältere Menschen kann der Piks dagegen vor schweren Verläufen oder tödlichen Lungenentzündungen schützen. Für das Robert Koch-Institut (RKI) gibt es auch Hinweise, dass Grippe ein Risikofaktor für Herzinfarkte und Schlaganfälle ist. Als günstigster Termin für die Impfung gilt Oktober bis Mitte Dezember, weil sich eine Grippewelle meist Anfang des Jahres aufbaut. Die Stiko empfiehlt sie generell Menschen ab 60 Jahren, dazu Schwangeren, Menschen mit chronischen Krankheiten oder einem erhöhten beruflichen Ansteckungsrisiko, etwa medizinischem Personal, und pflegenden Angehörigen.
Warum sollten sich Risikogruppen in der Pandemie gegen Grippe impfen lassen?
Die Gruppen, die einen schweren Krankheitsverlauf zu befürchten haben, sind bei Influenza und Covid-19 sehr ähnlich. Es besteht sogar die Möglichkeit, sich mit beidem zu infizieren und dadurch die Krankheitsschwere zu potenzieren. Für Kliniken ist in der Pandemie eine hohe Influenza-Impfquote nützlich, um Engpässe zu vermeiden.
Kann man sich gleichzeitig gegen Grippe und Covid-19 impfen lassen?
Stiko-Chef Thomas Mertens sah jüngst in einem MDR-Interview darin kein Problem. Eine generelle Empfehlung gibt es laut RKI dazu aber noch nicht. Der Hausärzteverband steht einer Doppel-Impfung offen gegenüber. Es sprächen zwei Vorteile dafür, sagte der Bundesvorsitzende Ulrich Weigeldt. Zum einen bestünde die Gefahr, dass manche Patienten nur eine der beiden Impfungen wahrnähmen, weil sie nicht zu mehreren Terminen hintereinander erscheinen möchten. „Außerdem würde sich gleichzeitig das mögliche Ansteckungsrisiko durch die Vermeidung eines zusätzlichen Impftermins reduzieren“, ergänzte er.
Bei gesunden Kindern und Erwachsenen unter 60 verläuft eine Influenza meist ohne Komplikationen. Deshalb gibt es für sie auch keine Impfempfehlung, ihnen wird aber auch nicht davon abgeraten. Ältere Menschen kann der Piks dagegen vor schweren Verläufen oder tödlichen Lungenentzündungen schützen. Für das Robert Koch-Institut (RKI) gibt es auch Hinweise, dass Grippe ein Risikofaktor für Herzinfarkte und Schlaganfälle ist. Als günstigster Termin für die Impfung gilt Oktober bis Mitte Dezember, weil sich eine Grippewelle meist Anfang des Jahres aufbaut. Die Stiko empfiehlt sie generell Menschen ab 60 Jahren, dazu Schwangeren, Menschen mit chronischen Krankheiten oder einem erhöhten beruflichen Ansteckungsrisiko, etwa medizinischem Personal, und pflegenden Angehörigen.
Warum sollten sich Risikogruppen in der Pandemie gegen Grippe impfen lassen?
Die Gruppen, die einen schweren Krankheitsverlauf zu befürchten haben, sind bei Influenza und Covid-19 sehr ähnlich. Es besteht sogar die Möglichkeit, sich mit beidem zu infizieren und dadurch die Krankheitsschwere zu potenzieren. Für Kliniken ist in der Pandemie eine hohe Influenza-Impfquote nützlich, um Engpässe zu vermeiden.
Kann man sich gleichzeitig gegen Grippe und Covid-19 impfen lassen?
Stiko-Chef Thomas Mertens sah jüngst in einem MDR-Interview darin kein Problem. Eine generelle Empfehlung gibt es laut RKI dazu aber noch nicht. Der Hausärzteverband steht einer Doppel-Impfung offen gegenüber. Es sprächen zwei Vorteile dafür, sagte der Bundesvorsitzende Ulrich Weigeldt. Zum einen bestünde die Gefahr, dass manche Patienten nur eine der beiden Impfungen wahrnähmen, weil sie nicht zu mehreren Terminen hintereinander erscheinen möchten. „Außerdem würde sich gleichzeitig das mögliche Ansteckungsrisiko durch die Vermeidung eines zusätzlichen Impftermins reduzieren“, ergänzte er.
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Wie hoch sind die Grippe-Impfquoten in Deutschland?
In den Risikogruppen sind sie seit Jahren zu niedrig und zeigen ein deutliches Ost-West Gefälle – jedoch ganz anders als bei Corona: In der Saison 2019/20 ließ sich nach RKI-Angaben in westlichen Bundesländern nur ein Drittel der Senioren impfen (34,8 Prozent), im Osten war es dagegen über die Hälfte (57,1 Prozent). Grippeimpfstoff ist in Deutschland bisher generell noch nicht knapp geworden, lokale Engpässe sind aber mitunter möglich. Zur Verfügung stehen in jeder Saison mehr als 20 Millionen Dosen.
Wie hoch ist die Wirksamkeit von Grippe-Impfstoff?
Das kann unabhängig von der Corona-Pandemie sehr unterschiedlich sein. Die Zusammensetzung wird zwar jährlich aktualisiert. Es sei trotzdem möglich, dass in der folgenden Saison Influenzaviren nicht so gut mit den im Impfstoff enthaltenden Virusstämmen übereinstimmten, so das RKI. Grund könne sein, dass sich während der Produktionszeit des Vakzins andere Stämme durchgesetzt hätten. Bei einer sehr guten Übereinstimmung der zirkulierenden Influenzaviren mit dem Impfstoff wurde bei jungen Erwachsenen ein 80-prozentiger Schutz beobachtet.
Wie viele Todesfälle durch Grippe gibt es jedes Jahr in Deutschland?
Diese Zahl kann nur geschätzt werden. Bisher gab es drei Grippe-Pandemien. 1918/19 starben 426 600 Menschen im damaligen Deutschen Reich. 1957/58 gab es geschätzte 29 100 Todesfälle in Deutschland, zwischen 1968 und 1970 waren es 46 900 Grippetote. Zum Vergleich: Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie sind bisher rund 92 800 Menschen in Deutschland gestorben.
In den Risikogruppen sind sie seit Jahren zu niedrig und zeigen ein deutliches Ost-West Gefälle – jedoch ganz anders als bei Corona: In der Saison 2019/20 ließ sich nach RKI-Angaben in westlichen Bundesländern nur ein Drittel der Senioren impfen (34,8 Prozent), im Osten war es dagegen über die Hälfte (57,1 Prozent). Grippeimpfstoff ist in Deutschland bisher generell noch nicht knapp geworden, lokale Engpässe sind aber mitunter möglich. Zur Verfügung stehen in jeder Saison mehr als 20 Millionen Dosen.
Wie hoch ist die Wirksamkeit von Grippe-Impfstoff?
Das kann unabhängig von der Corona-Pandemie sehr unterschiedlich sein. Die Zusammensetzung wird zwar jährlich aktualisiert. Es sei trotzdem möglich, dass in der folgenden Saison Influenzaviren nicht so gut mit den im Impfstoff enthaltenden Virusstämmen übereinstimmten, so das RKI. Grund könne sein, dass sich während der Produktionszeit des Vakzins andere Stämme durchgesetzt hätten. Bei einer sehr guten Übereinstimmung der zirkulierenden Influenzaviren mit dem Impfstoff wurde bei jungen Erwachsenen ein 80-prozentiger Schutz beobachtet.
Wie viele Todesfälle durch Grippe gibt es jedes Jahr in Deutschland?
Diese Zahl kann nur geschätzt werden. Bisher gab es drei Grippe-Pandemien. 1918/19 starben 426 600 Menschen im damaligen Deutschen Reich. 1957/58 gab es geschätzte 29 100 Todesfälle in Deutschland, zwischen 1968 und 1970 waren es 46 900 Grippetote. Zum Vergleich: Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie sind bisher rund 92 800 Menschen in Deutschland gestorben.
Foto: Polina Tankilevitch / Pexels
Erschienen im Tagesspiegel am 30.09.2021
Erschienen im Tagesspiegel am 30.09.2021