Nahen Angehörigen, die beim Erbe nicht bedacht wurden, steht ein Mindestanteil zu. Wer Streit vermeiden will, schafft klare Verhältnisse
Von Eugénie Zobel-Kowalski
Wer nach seinem Tod einer gemeinnützigen Organisation einen Teil des Vermögens hinterlassen möchte, muss dies im Testament festlegen. Mit einer solchen letztwilligen Verfügung hebelt der Verfasser die gesetzliche Erbfolge, die das Bürgerliche Gesetzbuch vorschreibt, aus. Danach erhalten beim Tod des Erblassers Angehörige wie Ehe- oder eingetragener Lebenspartner, Kinder, Enkel, Eltern und Geschwister sein Vermögen. Hat der Erblasser kein Testament, hat er also nicht privatschriftlich festgelegt, wie er sich seine Vermögensnachfolge vorstellt, richtet sich die Rangfolge nach dem Gesetz.
Die gesetzlichen Regelungen sollen sicherstellen, dass der Nachlass eines Verstorbenen in erster Linie an seine nächsten Angehörige geht. Deshalb ist ein Nachteilsausgleich für den Fall vorgesehen, dass die gesetzliche Erbfolge nicht gilt – der Pflichtteil. Das ist eine finanzielle Mindestbeteiligung am Nachlass, die nahen Angehörigen in der Regel zusteht, wenn sie nicht erben. Nach dem Gesetz sollen sie nicht leer ausgehen.
Die gesetzlichen Regelungen sollen sicherstellen, dass der Nachlass eines Verstorbenen in erster Linie an seine nächsten Angehörige geht. Deshalb ist ein Nachteilsausgleich für den Fall vorgesehen, dass die gesetzliche Erbfolge nicht gilt – der Pflichtteil. Das ist eine finanzielle Mindestbeteiligung am Nachlass, die nahen Angehörigen in der Regel zusteht, wenn sie nicht erben. Nach dem Gesetz sollen sie nicht leer ausgehen.
Auf ihren Pflichtteil haben nahe Angehörige einen Anspruch. Der Erblasser kann folglich einen bestimmten Personenkreis nicht gänzlich vom Erbe ausschließen. Insofern schränkt das Pflichtteilsrecht die Freiheit ein, das eigene Vermögen nach Belieben aufzuteilen. Das führt in der Konsequenz dazu, dass der Erblasser den Pflichtteil auch nicht im Testament aushebeln kann.
Berechtigte sind zunächst Kinder und Enkel. Außerdem sind die Eltern des Verstorbenen pflichtteilsberechtigt. Einen Anspruch auf einen Pflichtteil haben auch Ehe- und eingetragene Lebenspartner. Gibt es nahe Angehörige, können weiter entfernte keinen Pflichtteil verlangen.
Berechtigte sind zunächst Kinder und Enkel. Außerdem sind die Eltern des Verstorbenen pflichtteilsberechtigt. Einen Anspruch auf einen Pflichtteil haben auch Ehe- und eingetragene Lebenspartner. Gibt es nahe Angehörige, können weiter entfernte keinen Pflichtteil verlangen.
Der Pflichtteil ist halb so groß wie der gesetzliche Erbteil einer Person. Dessen konkrete Höhe hängt vom Nachlasswert, Verwandtschaftsverhältnis und der Zahl der Erben ab. Wer Anspruch auf einen Pflichtteil hat, kann diesen von der testamentarisch eingesetzten Organisation, der Erbin, nur in Geld verlangen, er hat keinen Anspruch auf einzelne Gegenstände, zum Beispiel Schmuck oder ein Auto. Umgekehrt können Erben Pflichtteilsberechtigten statt Geld auch keine Gegenstände aus dem Nachlass aufzwingen. Nur, wenn beide Seiten damit einverstanden sind, können auch Gegenstände an Pflichtteilsberechtigte ausgehändigt werden. Wurde ein naher Angehöriger enterbt, müssen die Erben an ihn den Pflichtteil auszahlen. Wenn der Enterbte es wünscht, müssen sie ihn auch darüber informieren, wie sich der Nachlass zusammensetzt, und zu diesem Zweck ein Nachlassverzeichnis erstellen. Darin sind alle Vermögenswerte – aber auch Verbindlichkeiten – des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes aufzuführen. Dazu gehören auch Erbfallschulden, die aus Anlass des Todes entstanden sind, etwa die Kosten der Bestattung. Die Erben dürfen nichts unter den Tisch fallen lassen. Nur so kann der Pflichtteilsberechtigte seinen Anteil richtig berechnen.
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Will der Erblasser vermeiden, dass die von ihm testamentarisch bedachte Organisation nach seinem Tod Geldforderungen seiner Familie ausgesetzt ist, muss er für klare Verhältnisse sorgen. Spätestens jetzt sollte er sein Angehörigen darüber informieren, dass sein Vermögen allein einem gemeinnützigen Zweck zukommen soll. Kommt es deswegen zum Streit, kann möglicherweise ein Mediator helfen (www.mediator-finden.de). Möchten die Angehörigen, die Anspruch auf einen Pflichtteil haben, das gleiche wie der Erblasser, also zum Beispiel, dass dessen Vermögen einer bestimmten Organisation zu Gute kommt, können sie mit dem Erblasser vereinbaren, dass sie auf ihren Pflichtteil verzichten. Er kann ihnen auch eine Gegenleistung in Aussicht stellen, etwa einen Geldbetrages noch zu seinen Lebzeiten auszuzahlen. Einigen die Beteiligten sich, führt sie der nächste Weg zum Notar. Er beurkundet die Verzichte der Pflichtteilsberechtigten.
Wer zu Lebzeiten sein Vermögen verschenkt, verkleinert den Nachlass
Sieht der Erblasser keine Chance, seine Angehörigen von einem Verzicht auf ihre Pflichtteile zu überzeugen, kann er darüber nachdenken, Teile seines Vermögens bereits zu Lebzeiten an seine Wunsch-Organisation zu verschenken, um den späteren Nachlass und damit Pflichtteile zu verkleinern. Das ist ein Erfolg versprechend, wenn der Schenkende früh genug damit anfängt. Denn die Tücke steckt im Detail. Wer zu Lebzeiten Vermögen verschenkt, kann den Anspruch auf einen Pflichtteil dadurch nicht beliebig aushöhlen. Angehörige sind davor durch so genannte Pflichtteilsergänzungsansprüche geschützt. Die meisten Schenkungen, die ein Vererbender in den letzten zehn Jahren vor seinem Tod veranlasst hat, werden zu seinem Nachlass gezählt und erhöhen so den Pflichtteilsanspruch. Davon ausgenommen sind lediglich kleinere Geschenke, zum Beispiel zu einer Hochzeit.
— Die Autorin ist Juristin und Redakteurin bei „Finanztest“.
— Die Autorin ist Juristin und Redakteurin bei „Finanztest“.
Foto: dpa/Andrea Warnecke
Erschienen im Tagesspiegel am 13.09.2019
Erschienen im Tagesspiegel am 13.09.2019