Erfolge im Kampf gegen Aids sind durch die Covid-19-Pandemie gefährdet. Der Globale Fond warnt: „Wir müssen Momentum zurückgewinnen“
Von Klaus Grimberg
Seit zwei Jahren setzt die Covid19-Pandemie Gesundheitssysteme weltweit unter Druck. Aus gutem Grund hat sich die internationale Gemeinschaft in dieser Zeit vorrangig darum bemüht, das Coronavirus zu bekämpfen. Allerdings rückte damit eine andere, längst nicht beendete Pandemie aus dem Fokus der Aufmerksamkeit, nämlich HIV und Aids. „2020 wurden in unseren Partnerländern 104 Millionen Menschen auf HIV getestet, das waren 22 Prozent weniger als im Jahr zuvor“, sagt Peter Sands, Exekutivdirektor des Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria. „Zudem haben wir mit unseren HIV-Präventionsprogrammen 8,7 Millionen Menschen erreicht, auch in dieser Hinsicht müssen wir einen Rückgang um 11 Prozent feststellen“, so Sands bei einem Pressegespräch zum Welt-Aids-Tag, das die Deutsche Aidshilfe gemeinsam mit internationalen Partnern veranstaltet hat.
2020 haben sich 1,5 Millionen weltweit mit HIV infiziert
Die Zahlen führten vor Augen, so Sands weiter, dass die über Jahrzehnte errungenen Erfolge im Kampf gegen HIV und Aids im Schatten der Covid19-Pandemie in Gefahr geraten. Erstmals seit der Gründung des Globalen Fonds im Jahr 2002 haben sich die Ergebnisse der weltweiten Programme verschlechtert. „Wir mussten 2020 erleben, dass Gesundheitseinrichtungen und medizinisches Personal überall auf der Welt durch das Coronavirus an Belastungsgrenzen gebracht wurden – zwangsläufig blieb dabei weniger Raum und Zeit für Behandlung und Prävention von HIV und Aids“, sagt Sands. Nun sei es dringend geboten, insbesondere im Bereich der medizinischen Aufklärung Momentum zurückzugewinnen.
Wie wichtig es ist, vor allem Mädchen und junge Frauen im subsaharischen Afrika zu erreichen, betonte Winnie Byanyima, Exekutivdirektorin von UNAIDS, dem Programm der Vereinten Nationen zu HIV und Aids. Sie war gerade zu Gast in der Demokratischen Republik Kongo und erlebte vor Ort, dass Ungleichheiten in der Gesellschaft durch Covid-19 weiter verschärft werden.
Wie wichtig es ist, vor allem Mädchen und junge Frauen im subsaharischen Afrika zu erreichen, betonte Winnie Byanyima, Exekutivdirektorin von UNAIDS, dem Programm der Vereinten Nationen zu HIV und Aids. Sie war gerade zu Gast in der Demokratischen Republik Kongo und erlebte vor Ort, dass Ungleichheiten in der Gesellschaft durch Covid-19 weiter verschärft werden.
„Insbesondere Mädchen und junge Frauen werden benachteiligt und erhalten weniger Zugang zu Prävention, HIV-Tests oder medizinischer Behandlung“, sagt Byanyima. Es gelte, sich nun wieder verstärkt um diese besonders vulnerablen Gruppen zu kümmern. Das bedeute auch, die sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheiten in den Blick zu nehmen, durch die sich das Risikoeiner HIV-Infektion erhöhe. 2020 gab es weltweit 1,5 Millionen Neuinfektionen mit HIV. Allein diese Zahl verdeutlicht, welcher immense Handlungsdruck im Kampf gegen HIV und Aids nach wie vor besteht.
Man dürfe in der aktuellen Krisensituation dennoch nicht vergessen, so Byanyima weiter, dass in den zurückliegenden Jahrzehnten große Fortschritte erzielt worden seien. Seit Gründung des Globalen Fonds sind in den Partnerländern Aids-bedingte Todesfälle um 65 Prozent und Neuinfektionen um 54 Prozent zurückgegangen. Aktuell erhalten weltweit 30 Millionen Menschen mit HIV eine medizinische Behandlung durch den Globalen Fonds, allerdings warten weitere 10 Millionen auf eine solche Hilfe. „Wir alle wissen: Wir sind auf einem langen Weg unterwegs und wir haben schon einige Fortschritte erzielt. Aber wir müssen nun aufpassen, dass diese Erfolge nicht durch Covid19 zunichte gemacht werden.“ Wie stabil und belastbar die medizinischen Netzwerke in vielen Ländern mittlerweile seien, habe sich in der aktuellen Pandemie gezeigt: Der Globale Fonds konnte auch auf Grundlage bestehender Gesundheitssysteme zügig auf die neue Situation reagieren. Bis November 2021 wurden 4,1 Milliarden US-Dollar für 106 Länder sowie 20 Mehrländerprogramme bewilligt, um Covid19 einzudämmen und gleichzeitig HIV-, Tuberkulose- und Malariaprogramme an die neue Lage anzupassen und fortzusetzen.
Man dürfe in der aktuellen Krisensituation dennoch nicht vergessen, so Byanyima weiter, dass in den zurückliegenden Jahrzehnten große Fortschritte erzielt worden seien. Seit Gründung des Globalen Fonds sind in den Partnerländern Aids-bedingte Todesfälle um 65 Prozent und Neuinfektionen um 54 Prozent zurückgegangen. Aktuell erhalten weltweit 30 Millionen Menschen mit HIV eine medizinische Behandlung durch den Globalen Fonds, allerdings warten weitere 10 Millionen auf eine solche Hilfe. „Wir alle wissen: Wir sind auf einem langen Weg unterwegs und wir haben schon einige Fortschritte erzielt. Aber wir müssen nun aufpassen, dass diese Erfolge nicht durch Covid19 zunichte gemacht werden.“ Wie stabil und belastbar die medizinischen Netzwerke in vielen Ländern mittlerweile seien, habe sich in der aktuellen Pandemie gezeigt: Der Globale Fonds konnte auch auf Grundlage bestehender Gesundheitssysteme zügig auf die neue Situation reagieren. Bis November 2021 wurden 4,1 Milliarden US-Dollar für 106 Länder sowie 20 Mehrländerprogramme bewilligt, um Covid19 einzudämmen und gleichzeitig HIV-, Tuberkulose- und Malariaprogramme an die neue Lage anzupassen und fortzusetzen.
ANZEIGE
Schwierig ist die Lage mit Blick auf HIV und Aids nach wie vor in Osteuropa und Zentralasien. Diese Region ist weltweit die einzige, in der die HIV-Infektionsrate nicht zurückgeht. Was in teils sehr autoritären und patriarchalischen Gesellschaften mit Stigmatisierung und Ausgrenzung besonders betroffener Gruppen wie homosexuellen Männern, Drogenabhängigen oder Transgender Menschen zu tun hat. Gerade in solchen Gesellschaften ist die Unterstützung von Selbsthilfeorganisationen durch den Global Fonds essentiell, die vor Ort oft entsprechenden Communities übernehmen. „Diese haben eine starke Motivation, Veränderungen herbeizuführen, denn sie wollen am Leben bleiben und das Leben anderer Menschen retten“, sagt die ukrainische Aktivistin Valeriia Rachinska von der Organisation 100% LIFE und Vorstandsmitglied des Global Network of People Living with HIV. Dank der Unterstützung des Globalen Fonds hätten sich diese Organisationen schnell anpassen und auf die Herausforderungen von Covid-19 reagieren können. „Das System, das zur Bekämpfung der HIV- und Tuberkulose-Epidemien aufgebaut wurde, war am besten für die Herausforderungen von Covid19 vorbereitet.“
2022 steht die Finanzierungskonferenz für den Globalen Fonds an, auf der die Ausstattung für drei Jahre verhandelt wird. Deutschland, das die G7-Präsidentschaft übernimmt, fällt dabei eine besondere Bedeutung zu. „Die neue Regierung muss mit gutem Beispiel vorangehen und den erhöhten Finanzbedarf in Covid19-Zeiten decken helfen – mit einer deutlichen Erhöhung der Beiträge“, fordert Silke Klumb, Geschäftsführerin der Deutschen Aidshilfe.
2022 steht die Finanzierungskonferenz für den Globalen Fonds an, auf der die Ausstattung für drei Jahre verhandelt wird. Deutschland, das die G7-Präsidentschaft übernimmt, fällt dabei eine besondere Bedeutung zu. „Die neue Regierung muss mit gutem Beispiel vorangehen und den erhöhten Finanzbedarf in Covid19-Zeiten decken helfen – mit einer deutlichen Erhöhung der Beiträge“, fordert Silke Klumb, Geschäftsführerin der Deutschen Aidshilfe.
Foto: Andreas Haas/Imago
Erschienen im Tagesspiegel am 01.12.2021
Erschienen im Tagesspiegel am 01.12.2021