Rund 7000 Frauen in Deutschland erkranken jedes Jahr an Eierstockkrebs. Doch auch bei diesem problematischen Tumor gibt es Fortschritte
Von Beatrice Hamberger
Eierstockkrebs ist tückisch. Anders als etwa Gebärmutterhalskrebs entwickelt er sich nicht stufenweise, sondern sozusagen von Null auf Hundert. Da außerdem Früherkennungsmöglichkeiten fehlen, werden Ovarialkarzinome meist erst dann entdeckt, wenn sie schon in die Lymphknoten oder ins Bauchfell gestreut haben. Ärzte sprechen dann von „High-Grade-Tumoren“. Entsprechend schlecht ist die Prognose: Laut dem Zentrum für Krebsregisterdaten am Robert Koch-Institut leben fünf Jahre nach der Diagnose nur noch 43 Prozent der betroffenen Frauen.
„Eierstockkrebs gehört leider immer noch zu lebensbedrohlichsten Krankheiten der Frau und zu den häufigen Krebstodesursachen“, sagt Jalid Sehouli, Leiter des Gynäkologischen Tumorzentrums der Charité. Doch er und das Europäische Kompetenzzentrum für Eierstockkrebs bestätigen auch, dass es in den letzten Jahren auch bei dieser problematischen Krebsart Fortschritte gegeben habe. Wenn Frauen an einem spezialisierten Zentrum tumorfrei operiert werden können, steigen die Überlebensraten auf über 65 Prozent.
„Eierstockkrebs gehört leider immer noch zu lebensbedrohlichsten Krankheiten der Frau und zu den häufigen Krebstodesursachen“, sagt Jalid Sehouli, Leiter des Gynäkologischen Tumorzentrums der Charité. Doch er und das Europäische Kompetenzzentrum für Eierstockkrebs bestätigen auch, dass es in den letzten Jahren auch bei dieser problematischen Krebsart Fortschritte gegeben habe. Wenn Frauen an einem spezialisierten Zentrum tumorfrei operiert werden können, steigen die Überlebensraten auf über 65 Prozent.
„Die Qualität der Behandlung ist neben dem Tumorstadium der entscheidende Faktor für die Prognose“, betont der Eierstockkrebsspezialist. Eine gute Behandlung steht und fällt demnach mit der Operation. Mitunter müssen Ärzte hunderte Tumorknoten entfernen, um den Bauchraum tumorfrei zu bekommen. Das setzt viel Können und Erfahrung voraus. Nach der Operation bekommen die Patientinnen eine Chemo- und anschließend eine Erhaltungstherapie mit PARP-Inhibitoren. Dank dieses Vorgehens überlebt inzwischen sogar jede dritte Eierstockkrebspatientin ihren Krebs acht Jahre oder länger. Auch Frauen mit weit fortgeschrittenen Tumoren sind unter den Langzeitüberlebenden.
Weil es für diese wachsende Gruppe bislang keine Nachsorgekonzepte gab, haben Sehouli und seine Kollegen an der Charité vor kurzem die Cancersurvivorship Clinic ins Leben gerufen: ein deutschlandweit einmaliges Konzept, das Sprechstunde mit Versorgungsforschung vereint. „Die Frauen sind zwar geheilt, aber noch lange nicht gesund“, erläutert Sehouli. Viele litten an Langzeitnebenwirkungen oder seien psychisch stark belastet. „Deswegen wollen wir sie ein Leben lang mit einem holistischen Ansatz begleiten.“
Bessere Überlebenschancen also durch spezialisierte Zentren und neuerdings auch eine Klinik für Langzeitüberlebende. Aber wäre ein Leben auch ohne Eierstockkrebs denkbar? Heut weiß man, dass etwa 20 Prozent aller Ovarialkarzinome genetisch bedingt sind, durch Mutationen am Brustkrebsgen BRCA und einem Dutzend weiterer Gene. Angelina Jolie ist wohl das prominenteste Beispiel, dass erblich bedingter Eierstockkrebs durch eine vorsorgliche Entfernung der Eierstöcke und Eileiter verhindert werden kann. In diesem Fall kam der Hinweis auf das Risikogen aus der engen Familie. Allerdings hat nur jede dritte Patientin mit genetisch bedingtem Eierstockkrebs auch eine auffällige Familiengeschichte.
Weil es für diese wachsende Gruppe bislang keine Nachsorgekonzepte gab, haben Sehouli und seine Kollegen an der Charité vor kurzem die Cancersurvivorship Clinic ins Leben gerufen: ein deutschlandweit einmaliges Konzept, das Sprechstunde mit Versorgungsforschung vereint. „Die Frauen sind zwar geheilt, aber noch lange nicht gesund“, erläutert Sehouli. Viele litten an Langzeitnebenwirkungen oder seien psychisch stark belastet. „Deswegen wollen wir sie ein Leben lang mit einem holistischen Ansatz begleiten.“
Bessere Überlebenschancen also durch spezialisierte Zentren und neuerdings auch eine Klinik für Langzeitüberlebende. Aber wäre ein Leben auch ohne Eierstockkrebs denkbar? Heut weiß man, dass etwa 20 Prozent aller Ovarialkarzinome genetisch bedingt sind, durch Mutationen am Brustkrebsgen BRCA und einem Dutzend weiterer Gene. Angelina Jolie ist wohl das prominenteste Beispiel, dass erblich bedingter Eierstockkrebs durch eine vorsorgliche Entfernung der Eierstöcke und Eileiter verhindert werden kann. In diesem Fall kam der Hinweis auf das Risikogen aus der engen Familie. Allerdings hat nur jede dritte Patientin mit genetisch bedingtem Eierstockkrebs auch eine auffällige Familiengeschichte.
Patientinnen mit Risiko können andere in der Familie warnen
Um mehr Risikopatientinnen ausfindig zu machen, gehen Ärzte darum einen neuen Weg. Seit etwa drei Jahren wird jede Patientin mit Eierstockkrebs und tripel-negativem Brustkrebs in Deutschland genetisch untersucht. Dabei werden 15 Gene in den Blick genommen. Finden die Ärzte ein Risikogen, kann das unter Umständen viele weitere Leben retten: Weibliche Familienangehörige können verständigt werden und sich ebenfalls untersuchen und beraten lassen. Frauen mit genetischer Belastung kann somit eine vorbeugende Operation angeboten werden, bevor der lebensbedrohliche Krebs ausbricht.
Die genetische Bestimmung hat auch Konsequenzen für die Patientin selbst: Erblich bedingter Eierstockkrebs hat eine bessere Prognose. Denn durch die Genmutation kann der Tumor Defekte durch die Chemotherapie schlechter reparieren. Das macht die Chemo effektiver, die Überlebenschancen steigen.
Künftige Strategien gehen dahin, PARP-Inhibitoren mit Immuntherapien zu kombinieren. Auch Impfungen gegen Eierstockkrebs und weitere Ansätze befinden sich in frühen Studien. Spruchreif ist davon nichts.
Umso wichtiger ist ein gesunder Lebensstil, der das allgemeine Krebsrisiko senkt. Vor allem Übergewicht gilt als bedeutender Risikofaktor für die Entstehung von Eierstockkrebs. Und Dank der Erkenntnisse der letzten Jahre, weiß man jetzt um das genetische Risiko. „Das ist ein großer Fortschritt“, meint Jalid Sehouli, „und ein Ansatz in Richtung Vision Zero – basierend auf der Genetik.“
Die genetische Bestimmung hat auch Konsequenzen für die Patientin selbst: Erblich bedingter Eierstockkrebs hat eine bessere Prognose. Denn durch die Genmutation kann der Tumor Defekte durch die Chemotherapie schlechter reparieren. Das macht die Chemo effektiver, die Überlebenschancen steigen.
Künftige Strategien gehen dahin, PARP-Inhibitoren mit Immuntherapien zu kombinieren. Auch Impfungen gegen Eierstockkrebs und weitere Ansätze befinden sich in frühen Studien. Spruchreif ist davon nichts.
Umso wichtiger ist ein gesunder Lebensstil, der das allgemeine Krebsrisiko senkt. Vor allem Übergewicht gilt als bedeutender Risikofaktor für die Entstehung von Eierstockkrebs. Und Dank der Erkenntnisse der letzten Jahre, weiß man jetzt um das genetische Risiko. „Das ist ein großer Fortschritt“, meint Jalid Sehouli, „und ein Ansatz in Richtung Vision Zero – basierend auf der Genetik.“
Fotos: Andrea Piacquadio/Pexels, Deutsche Stiftung Eierstockkrebs
Erschienen im Tagesspiegel am 14.06.2021
Erschienen im Tagesspiegel am 14.06.2021