Kleidung und Handys aus zweiter Hand im regulären Kaufhaus? Das geht: Die Initiative Re-Use Berlin will Gebrauchtes aus der Schmuddelecke holen
Von Enrico Bellin
Bunte Seidenschals hängen über karierten Retro-Sakkos. Goldglänzende Stühle stehen vor dem polierten Kaffeeservice. Die dritte Etage der Galeria Karstadt Kaufhof am Hermannplatz wirkt wie ein ganz normaler Teil des Kaufhauses. Doch es gibt einen großen Unterschied: Auf 660 Quadratmetern Fläche wird hier nur Ware aus zweiter Hand angeboten. Seit dem 9. September gibt es den von der Initiative Re-Use Berlin, hinter der ein gleichnamiger Verein und die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz stecken, initiierten Pop-up-Store.
„Unser Ziel heißt Zero Waste, also null Müll“, sagt die Vereinsvorsitzende Ana Lichtwer, die auch bei der Stadtmission arbeitet. „Die Berliner vertrauen uns jeden Monat 40 bis 80 Tonnen gebrauchter Textilien an, aber nur zehn Prozent davon können wir über die Kleiderkammern an Obdachlose abgeben.“ Der Grund: Während 90 Prozent der Obdachlosen Männer sind, sind Lichtwer zufolge 80 Prozent der gespendeten Textilien Frauenbekleidung. Die wird nun zum Teil im Re-Use-Store angeboten. Täglich sind Mitarbeiter der Stadtmission vor Ort, die unter anderem auch zeigen, wie man aus einem gebrauchten T-Shirt eine Boxershorts oder eine Tasche schneidern kann. So soll der Berg an nicht mehr verkaufbaren Textilien reduziert werden, der Stoff bekommt ein zweites Leben.
„Unser Ziel heißt Zero Waste, also null Müll“, sagt die Vereinsvorsitzende Ana Lichtwer, die auch bei der Stadtmission arbeitet. „Die Berliner vertrauen uns jeden Monat 40 bis 80 Tonnen gebrauchter Textilien an, aber nur zehn Prozent davon können wir über die Kleiderkammern an Obdachlose abgeben.“ Der Grund: Während 90 Prozent der Obdachlosen Männer sind, sind Lichtwer zufolge 80 Prozent der gespendeten Textilien Frauenbekleidung. Die wird nun zum Teil im Re-Use-Store angeboten. Täglich sind Mitarbeiter der Stadtmission vor Ort, die unter anderem auch zeigen, wie man aus einem gebrauchten T-Shirt eine Boxershorts oder eine Tasche schneidern kann. So soll der Berg an nicht mehr verkaufbaren Textilien reduziert werden, der Stoff bekommt ein zweites Leben.
Die Stadtmission ist einer von derzeit zehn Partnern, die ihre Produkte anbieten. „Einige davon bleiben für die Dauer des Stores, andere wechseln nach ein paar Wochen“, so Thomas Schwilling, zuständig für nachhaltige Beschaffungskonzepte in der Senatsverwaltung. Der Re-Use-Store wird zunächst ein halbes Jahr lang bleiben. Jeder der Partner ist derzeit vor Ort, der Einkauf wird an jedem Stand einzeln bezahlt. Die Einnahmen durch den Verkauf der gespendeten Sachen sollen die Unkosten decken. Auf mehreren Ökomärkten im Stadtgebiet sammelt Re-Use weiterhin alles, was die Berliner nicht mehr wollen, aber was brauchbar ist.
Im Jahr 2018 hat Re-Use angefangen, saubere und funktionierende Gebrauchtgegenstände unter anderem auf Ökomärkten einzusammeln. In einem ersten Kurzzeitversuch wurden sie dann zu Weihnachten in einem Pop-up-Store verkauft. „Das kam super an“, sagt Thomas Schwilling. Eine eigene Potenzialanalyse ergab, dass in jedem Berliner Haushalt 244 funktionstüchtige, aber ungenutzte Gegenstände herumliegen. Sie wieder in den Warenkreislauf zu bringen spart Rohstoffe und vermeidet Abfall. Sie statt auf Wühltischen in normalen Kaufhäusern anzubieten, soll neue Kundenschichten ansprechen.
Dass das funktionieren kann, zeigt ein Einkaufszentrum im schwedischen Eskilstuna gut 100 Kilometer westlich von Stockholm. 13 Läden beherbergt die im August 2015 eröffnete Mall, alle bieten gebrauchte Produkte oder aus Upcycling stammende Ware an. Nach eigenen Angaben betrug der Umsatz mit recycelten Produkten im Jahr 2018 rund 11,7 Millionen schwedische Kronen, etwa 1,1 Millionen Euro.
Im Jahr 2018 hat Re-Use angefangen, saubere und funktionierende Gebrauchtgegenstände unter anderem auf Ökomärkten einzusammeln. In einem ersten Kurzzeitversuch wurden sie dann zu Weihnachten in einem Pop-up-Store verkauft. „Das kam super an“, sagt Thomas Schwilling. Eine eigene Potenzialanalyse ergab, dass in jedem Berliner Haushalt 244 funktionstüchtige, aber ungenutzte Gegenstände herumliegen. Sie wieder in den Warenkreislauf zu bringen spart Rohstoffe und vermeidet Abfall. Sie statt auf Wühltischen in normalen Kaufhäusern anzubieten, soll neue Kundenschichten ansprechen.
Dass das funktionieren kann, zeigt ein Einkaufszentrum im schwedischen Eskilstuna gut 100 Kilometer westlich von Stockholm. 13 Läden beherbergt die im August 2015 eröffnete Mall, alle bieten gebrauchte Produkte oder aus Upcycling stammende Ware an. Nach eigenen Angaben betrug der Umsatz mit recycelten Produkten im Jahr 2018 rund 11,7 Millionen schwedische Kronen, etwa 1,1 Millionen Euro.
Geht das Konzept auf, sollen in der Stadt noch vier weitere Stores folgen
Geht das Konzept auch in Berlin auf, so sollen dem Geschäft am Hermannplatz noch drei bis vier weitere Re-Use-Stores im Stadtgebiet folgen. In Reinickendorf hat Anfang August auch die BSR ein Gebrauchtwarenkaufhaus eröffnet, die „NochMall“. Rund tausend Kunden kommen seither täglich, so die BSR auf Anfrage. Der Umsatz, der durch den Verkauf der kostenlos abgegebenen Sachen entsteht, soll die Kosten für den Betrieb des Hauses, in dem rund ein Dutzend Menschen in Verkauf, Lagerhaltung oder Aufarbeitung der Sachen tätig sind, decken. Teils gibt es Festpreise: Jedes Glas oder Taschenbuch kosten einen Euro. Für Unikate werden die Neupreise recherchiert und sich daran orientiert.
Wichtig für die Kunden: In den Gebrauchtwarenkaufhäusern gelten ähnliche gesetzlichen Regelungen wie beim Neuwarenkauf. „Sollte sich beispielsweise erst zu Hause herausstellen, dass ein Sofa defekt ist, bekommt der Kunde sein Geld zurück“, so BSR-Sprecher Thomas Klöckner. Nur ein Ersatz der Ware sei nicht möglich, schließlich handele es sich um Unikate. Auch wer gebrauchte Elektrogeräte in der „NochMall“ oder dem Re-Use-Store am Hermannplatz kauft, könne davon ausgehen, dass sie nicht nach zwei Wochen den Geist aufgeben. „Die Geräte werden von Fachleuten überprüft, bevor sie in den Verkauf gehen“, so Thomas Schwilling von der Senatsverwaltung. Für sie gibt es ein Jahr Garantie.
Auch wer alte Elektronik abgeben möchte, ist im Re-Use-Store richtig: Die Firma Swappeze hat einen Automaten aufgestellt, in den man sein altes Handy legen kann. Mithilfe einiger Fragen auf dem Display und von Kameras im Automaten wird der Wert des Handys ermittelt. Kunden können aussuchen, ob dieser dann als Gutschrift überwiesen wird, oder sich für entsprechend weniger Geld gleich ein neues Handy aus dem Automaten kaufen. Je nach Zustand werden die abgegebenen Handys weiterverkauft oder recycelt.
Wichtig für die Kunden: In den Gebrauchtwarenkaufhäusern gelten ähnliche gesetzlichen Regelungen wie beim Neuwarenkauf. „Sollte sich beispielsweise erst zu Hause herausstellen, dass ein Sofa defekt ist, bekommt der Kunde sein Geld zurück“, so BSR-Sprecher Thomas Klöckner. Nur ein Ersatz der Ware sei nicht möglich, schließlich handele es sich um Unikate. Auch wer gebrauchte Elektrogeräte in der „NochMall“ oder dem Re-Use-Store am Hermannplatz kauft, könne davon ausgehen, dass sie nicht nach zwei Wochen den Geist aufgeben. „Die Geräte werden von Fachleuten überprüft, bevor sie in den Verkauf gehen“, so Thomas Schwilling von der Senatsverwaltung. Für sie gibt es ein Jahr Garantie.
Auch wer alte Elektronik abgeben möchte, ist im Re-Use-Store richtig: Die Firma Swappeze hat einen Automaten aufgestellt, in den man sein altes Handy legen kann. Mithilfe einiger Fragen auf dem Display und von Kameras im Automaten wird der Wert des Handys ermittelt. Kunden können aussuchen, ob dieser dann als Gutschrift überwiesen wird, oder sich für entsprechend weniger Geld gleich ein neues Handy aus dem Automaten kaufen. Je nach Zustand werden die abgegebenen Handys weiterverkauft oder recycelt.
Fotos: Enrico Bellin
Erschienen im Tagesspiegel am 22.09.2020
Erschienen im Tagesspiegel am 22.09.2020