UNO-Flüchtlingshilfe

Mehr als Glückssache

Bei einer Lotterie kann man Kunst von Bisky oder Elíasson gewinnen – und dabei Gutes tun
Ein Kamel und ein Elefant schreiten vorbei an schwebenden Häusern. Eigentlich, sagt Norbert Bisky, erkläre er seine Bilder nicht so gern. Doch in diesem Fall macht er eine Ausnahme. „Die Monotypie beschäftigt sich auf eine sehr humorvolle Art mit dem Thema Unterwegssein, Fremdsein und Ankommen.“ Sie entstand als Abzug von einer Radierung, den der Künstler von Hand mit Farbe überarbeitet hat. Ein Unikat also, das den Namen „Neuanfang“ trägt.
Jenny Holzer, „You Dreamed“ (2019)© 2020 Jenny Holzer, member of Artists Rights Society (ARS), New York; VG Bild-Kunst, Bonn
Jenny Holzer, „You Dreamed“ (2019)
© 2020 Jenny Holzer, member of Artists Rights Society (ARS), New York; VG Bild-Kunst, Bonn
Das passt, denn das Werk ist Teil der Aktion „Heart. 100 Artists. 1 Mission“, mit der die Uno-Flüchtlingshilfe Schutzsuchende unterstützen will, die aus ihrer Heimat fliehen mussten. Neben Norbert Bisky haben 99 weitere namhafte Kunstschaffende ihre Werke im handlichen DIN-A5-Format gespendet, darunter Anish Kapoor, Katharina Grosse, Jenny Holzer, He Xiangyu und Ólafur Elíasson. Die Arbeiten sind vom 1. September für jeweils zwei Wochen bei einer Wanderausstellung an drei Orten zu sehen: im Bonner Kunstmuseum, in der Hamburger Kunsthalle und in der Berlinischen Galerie. Am 26. November werden sie in Berlin bei einer Kunstlotterie verlost. Der Erlös soll in UNHCR-Projekte fließen, um die Not von Geflüchteten zu lindern – und die wächst gewaltig. Jahr für Jahr wird der traurige Rekord von Menschen auf der Flucht gebrochen.
Sie zu unterstützen, sei für Bisky eine moralische Pflicht. Der Maler setzt sich seit Jahren für Geflüchtete ein. Nicht zuletzt auch deshalb, weil es in seiner eigenen Familie viele Fluchtgeschichten gab. Seine Großmutter, erzählt er, sei mehrmals misshandelt worden, als sie im Krieg zwischen die Fronten geriet. „Das Problem in Mitteleuropa ist, dass viele inzwischen vergessen haben, wie grausam Flucht eigentlich ist“, sagt er.

Mit der Teilnahme an der Lotterie kann jeder nun ein Zeichen der Solidarität setzen. „Leben retten, Kunst gewinnen“ ist das Motto. Ein Los kostet 40 Euro – das genügt, um eine Familie im Camp einen Monat lang mit Trinkwasser zu versorgen. Bei insgesamt 25 000 Losen ist auch die Chance groß, eine der Arbeiten zu ergattern. Bisky findet die Lotterie-Idee charmant: „Auch Kunst hat ja letztlich viel mit Zufall und Glück zu tun.“ aka
Norbert Bisky „Neuanfang“ (2020)©Norbert Bisky, VG Bild-Kunst, Bonn 2020
Norbert Bisky „Neuanfang“ (2020)
©Norbert Bisky, VG Bild-Kunst, Bonn 2020
Katharina Grosse, „ohne Titel“ (2020)©Katharina Grosse, VG Bild-Kunst, Bonn 2020
Katharina Grosse, „ohne Titel“ (2020)
©Katharina Grosse, VG Bild-Kunst, Bonn 2020
Jörg Herold, „Landleben“ (2010)Aus der Serie „Der Dokumentararchäologe im Land der beschleunigten Folklore“ © Jörg Herold, VG Bild-Kunst, Bonn 2020
Jörg Herold, „Landleben“ (2010)
Aus der Serie „Der Dokumentararchäologe im Land der beschleunigten Folklore“
© Jörg Herold, VG Bild-Kunst, Bonn 2020
Anish Kapoor, „Red Beginning“ (2012–2020)©Anish Kapoor, VG Bild-Kunst, Bonn 2020
Anish Kapoor, „Red Beginning“ (2012–2020)
©Anish Kapoor, VG Bild-Kunst, Bonn 2020
Fotos: Bernd Borchardt, Sandra-Stein.de (4)
Erschienen im Tagesspiegel am 29.08.2020