Der öffentliche Nahverkehr startete mit vielen Problemen in seine elektrische Zukunft. Eine neue Technik für Batteriebusse soll dies ändern. Doch das größte Potenzial sehen Experten beim Carsharing
Von Jörn Hasselmann
Hochrangiger ging es kaum: Zwei Bundesminister, zwei Berliner Senatorinnen – für zwei Elektrobusse. Der Besuch bei der Präsentation der neuesten Batteriefahrzeuge der BVG in Berlin-Wedding kürzlich zeigte, welche Bedeutung das Thema hat. Ab August will die BVG eine erste richtige, große Linie ausschließlich mit Elektrobussen betreiben. Spätestens 2030 soll der letzte Liter Diesel verbrannt werden. Berlins Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) betrachtet die Elektrifizierung des öffentlichen Nahverkehrs als wichtigen Baustein beim Klimaschutz. Die Berliner Luft ist durch Abgase vor allem in der City stark belastet, Fahrverbote sind angekündigt.
Der Umstieg wird teuer: Die Elektrofahrzeuge kosten die BVG 810 Millionen Euro. Sie sind – noch – deutlich teurer als konventionelle. Weitere 570 Millionen Euro muss die BVG in die Ladestationen auf den Betriebshöfen investieren. Der Bund überweist 48 Millionen Euro Fördergelder alleine für die Eindecker, 35 Millionen kommen vom Umweltministerium, 13 Millionen vom Verkehrsministerium. Das Land Berlin unterstützt die BVG mit 58 Millionen Euro bis 2021, in den beiden Folgejahren kommen weitere 48 Millionen Euro dazu.
Die BVG erhält dieses Jahr je 15 Eindecker der Typen „Solaris Urbino 12 electric“ und „Mercedes-Benz eCitaro“. Im kommenden Frühjahr werden die ersten 15 elektrischen Gelenkbusse ausgeliefert, wiederum vom polnischen Hersteller Solaris. Diese Wagen werden erstmals per Pantograf an den Endhaltestellen an Schnellladesäulen der Firma Siemens geladen. Diese Technik wird mit knapp sechs Millionen Euro vom Verkehrsministerium für das Forschungsprojekt „E-MetroBus“ gefördert. Dabei soll getestet werden, ob die Fahrzeuge mitten im öffentlichen Straßenland, nämlich an (End-)Haltestellen innerhalb weniger Minuten geladen werden können.
Dies erhöhe die Effizienz der Fahrzeuge. Denn wenn Batterien nur auf den Betriebshöfen nachgeladen werden, verringert sich die Laufleistung erheblich – wegen der Leerfahrten ins Depot und der Ladezeit von zwei bis drei Stunden. 1500 Diesel-Busse gibt es – sie müssen nach derzeitigem Stand durch etwa 1800 Elektrofahrzeuge ersetzt werden.
Für die ersten neuen Batteriebusse wurde eine ganz neue Linie konzipiert: Sie bekommt die neue Nummer „300“, angelehnt an den prominenten 100er. Im August dieses Jahres geht es los zwischen Schlesischem Tor und Philharmonie, mitten durch die City. Die 15 Gelenkbusse sollen ab kommenden Jahr auf der Linie 200 rollen, zwischen City-Ost und -West.
Die Elektro-Zukunft der BVG hatte einst klein begonnen, mit reichlich Wackelkontakten. Das ist erst vier Jahre her: Auf dem 204er, von Zoo durch Schöneberg zum Südkreuz, wurden ab 2015 die ersten Batteriebusse Berlins getestet. Geladen wurde an den Endstationen – induktiv, ähnlich wie bei der elektrischen Zahnbürste. Im Schnitt fiel jeder vierte Bus bei diesem Testbetrieb aus, entweder weil die Ladestationen kaputt waren oder die Fahrzeuge. Von dieser Ladetechnik hat sich die Industrie verabschiedet, „der Trend geht zum Stromabnehmer“ heißt es beispielsweise bei Mercedes.
Dies erhöhe die Effizienz der Fahrzeuge. Denn wenn Batterien nur auf den Betriebshöfen nachgeladen werden, verringert sich die Laufleistung erheblich – wegen der Leerfahrten ins Depot und der Ladezeit von zwei bis drei Stunden. 1500 Diesel-Busse gibt es – sie müssen nach derzeitigem Stand durch etwa 1800 Elektrofahrzeuge ersetzt werden.
Für die ersten neuen Batteriebusse wurde eine ganz neue Linie konzipiert: Sie bekommt die neue Nummer „300“, angelehnt an den prominenten 100er. Im August dieses Jahres geht es los zwischen Schlesischem Tor und Philharmonie, mitten durch die City. Die 15 Gelenkbusse sollen ab kommenden Jahr auf der Linie 200 rollen, zwischen City-Ost und -West.
Die Elektro-Zukunft der BVG hatte einst klein begonnen, mit reichlich Wackelkontakten. Das ist erst vier Jahre her: Auf dem 204er, von Zoo durch Schöneberg zum Südkreuz, wurden ab 2015 die ersten Batteriebusse Berlins getestet. Geladen wurde an den Endstationen – induktiv, ähnlich wie bei der elektrischen Zahnbürste. Im Schnitt fiel jeder vierte Bus bei diesem Testbetrieb aus, entweder weil die Ladestationen kaputt waren oder die Fahrzeuge. Von dieser Ladetechnik hat sich die Industrie verabschiedet, „der Trend geht zum Stromabnehmer“ heißt es beispielsweise bei Mercedes.
ANZEIGE
2018 waren Verkehrssenatorin Günther und BVG-Chefin Sigrid Nikutta gemeinsam in die Welthauptstadt der Elektromobilität gereist, Shenzhen in China. Dort fahren alle 17 000 Busse elektrisch. Diesen Visionen zum Trotz hat die BVG vergangenes Jahr noch 950 Dieselbusse bestellt, es war der größte Auftrag, den das Unternehmen in seiner Geschichte vergeben hat. Eine Abnahmeverpflichtung besteht aber nicht. Die Beschaffung sei abhängig von der Marktentwicklung bei E-Bussen, hatte Nikutta bei der Bestellung gesagt. Je schneller die Elektrofahrzeuge serienreif seien, desto weniger konventionell betriebene würden abgerufen.
Von 1,2 Millionen Autos in der Stadt sind rund 3000 nur mit Batterie betrieben
Weiter ist die BVG bei ihren Autos. 100 elektrische Dienstwagen sind seit Ende 2016 im Einsatz, bis 2025 sollen alle 321 leise und effizient unterwegs sein. Berlinweit hat das E-Auto weiterhin Seltenheitswert. Etwa 3000 reine Batterieautos gibt es derzeit – von 1,2 Millionen Pkw. Noch vor den Sommerferien will VW 1500 elektrische Carsharing-Wagen in Berlin stationieren. „We Share“ nennt der Konzern sein komplett elektrisches Angebot. VW hat dazu mit zahlreichen Firmen, Supermärkten oder Einkaufscentern Kooperationen geschlossen. Die VW-Kunden sind also nicht auf die 800 öffentlichen Ladesäulen im Stadtgebiet angewiesen. Beim Carsharing werde die Zukunft ausschließlich elektrisch sein – das war kürzlich das Ergebnis auf einem Forum zur Elektromobilität des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI).
Anfang 2018 verabschiedete der Senat einen Zehn-Punkte-Plan, um den Umstieg auf die Batterie zu beschleunigen. Mindestens zehn Prozent des landeseigenen Fuhrparks sollen künftig elektrisch fahren. Umweltsenatorin Günther hat die landeseigenen Behörden – von Polizei bis BSR – aufgefordert, bevorzugt neue Fahrzeuge mit Elektromotor anzuschaffen. Gewerbetreibende werden unterstützt, auch Taxifahrer bekommen einen Zuschuss beim Kauf eines Hybridfahrzeuges. Potenzial steckt aus Expertensicht auch in Elektrofahrrädern. Diese würden die maximale Pendler-Distanz, die von den meisten Radfahrern akzeptiert wird, von bisher fünf auf zehn Kilometern verdoppeln. Viele Autofahrten sind so kurz – da kann ein Wechsel auf das Rad den Stau verringern und die Luft verbessern.
Anfang 2018 verabschiedete der Senat einen Zehn-Punkte-Plan, um den Umstieg auf die Batterie zu beschleunigen. Mindestens zehn Prozent des landeseigenen Fuhrparks sollen künftig elektrisch fahren. Umweltsenatorin Günther hat die landeseigenen Behörden – von Polizei bis BSR – aufgefordert, bevorzugt neue Fahrzeuge mit Elektromotor anzuschaffen. Gewerbetreibende werden unterstützt, auch Taxifahrer bekommen einen Zuschuss beim Kauf eines Hybridfahrzeuges. Potenzial steckt aus Expertensicht auch in Elektrofahrrädern. Diese würden die maximale Pendler-Distanz, die von den meisten Radfahrern akzeptiert wird, von bisher fünf auf zehn Kilometern verdoppeln. Viele Autofahrten sind so kurz – da kann ein Wechsel auf das Rad den Stau verringern und die Luft verbessern.
Foto: Monika Skolimowska/dpa
Erschienen im Tagesspiegel am 08.04.2019
Erschienen im Tagesspiegel am 08.04.2019